Soziale Konditionalität – ein neuer Tatbestand in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU

Was bedeutet soziale Konditionalität?

Ab dem 01.01.2025 sind Verstöße gegen bestimmte EU-weit geltenden Gesetze zum Arbeitsrecht und zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sanktionsrelevant. Verstöße werden nach dem bisher geltenden Fachrecht mit einem Bußgeld belegt und zusätzlich nach den Vorschriften der Agrarförderung sanktioniert. Es werden keine zusätzlichen rechtlichen Regelungen geschaffen. Die Regelungen zum Arbeitsrecht und zum Gesundheitsschutz und zur Arbeitssicherheit gelten schon länger und sind Voraussetzung für ein gutes und langfristiges Arbeitsverhältnis.

Arbeitnehmerrechte - © Anke Fröhlich © Anke Fröhlich
Welches Grundprinzip wird hier angewandt?

Die gleiche Systematik wie beispielsweise im Wasserschutzrecht oder bei der Tierkennzeichnung: Das Fachrecht gilt sowieso, aber im EU-Subventionsrecht können zusätzliche finanzielle Sanktionen erlassen werden.

Welche gesetzlichen Grundlagen finden in der sozialen Konditionalität Anwendung?

Im Arbeitsrecht

Grundlage für die Regelungen im Arbeitsrecht im Rahmen der sozialen Konditionalität ist die sogenannte Arbeitsbedingungenrichtlinie vom 20. Juni 2019 (EU) 2019/1152.
Dies bedeutet, dass vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses alle wesentlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden schriftlich fixiert und dem Arbeitnehmer ausgehändigt sein müssen.
Hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, dies auszudrucken, reicht die Übermittlung in digitaler Form.
Werden wesentlichen Inhalte anschließend geändert, gilt das Gleiche zur Erstellung und Übermittlung der Änderungen.
Diese Regelung gilt entsprechend auch für Ausbildungsverträge und in der Arbeitnehmerüberlassung.
Die wesentlichen Inhalte finden Sie in unserem Leitfaden zum Arbeitsvertrag

Bei der Arbeitssicherheit und dem Gesundheitsschutz

Insgesamt handelt es sich um 25 Einzelnormen aus dem Fachrecht.

Dies sind zum Beispiel:

  • Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsbereich; Mustergefährdungsbeurteilungen siehe https://www.svlfg.de/gefaehrdungsbeurteilung.
  • Mindestens jährliche Unterweisung der Beschäftigten zum Arbeitsschutz. Dies gilt auch für Aushilfen, Saisonarbeitskräfte sowie Schüler/innen und Praktikant/innen. Bei Auszubildenden und Jugendlichen (bis 18 Jahre) sind die Unterweisungen mindestens halbjährlich durchzuführen. Wichtig ist auch die Dokumentation; Unterweisungshilfen siehe https://www.svlfg.de/unterweisung.
  • Geeignete Persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist dem Arbeitnehmenden kostenlos zur Verfügung zu stellen (§ 13 ArbSchG)
  • Prüfung von Arbeits- und Betriebsmitteln vor der erstmaligen Inbetriebnahme und wiederkehrend
  • Regelung der sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung von Familienfremden nach ASiG bzw. VSG 1.2 der SVLFG schon ab dem ersten Beschäftigten durch:
    - Einen Betriebs- oder Arbeitsmediziner https://www.svlfg.de/arbeitsmedizinische-vorsorge
    Unterstützung bei der Suche nach einem Arbeitsmediziner siehe auch: https://www.svlfg.de/arbeitsmedizinische-vorsorge
    - Die Teilnahme des Unternehmers am Unternehmermodell (auch LUV-Modell genannt) der SVLFG 
       oder Beauftragung einer externen Fachkraft für Arbeitssicherheit.

Wichtige Hinweise zum Thema sind auch zu finden beim Bundesinformationszentrum Landwirtschaft unter

https://www.praxis-agrar.de/betrieb/betriebsfuehrung/beschaeftigung-in-gruenen-berufen/arbeitssicherheit-und-gesundheitsschutz-in-gruenen-berufen

Welche Voraussetzung für eine Sanktion muss erfüllt sein?

Es muss eine bestandskräftige Entscheidung erlassen worden sein, also ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid oder eine rechtskräftige Entscheidung eines Arbeitsgerichts.

Wer prüft die Verpflichtungen des Arbeitgebers?

Das Arbeitsrecht wird von den Gewerbeaufsichtsämtern und dem Hauptzollamt (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) überprüft. Beim Berufsausbildungsvertrag sind dies die zuständigen Stellen, z. B. die Landwirtchaftskammern. In Fällen der Arbeitnehmerüberlassung die Bundesagentur für Arbeit zuständig.
Der Bereich Arbeitsschutz wird kontrolliert durch die regionalen Arbeitsschutzbehörden.
All diese Kontrollen gibt es im Rahmen des Fachrechts bereits bisher. Es wird keine zusätzlichen Kontrollen geben!

Welche Förderungen können sanktioniert werden?

Die gesamten Direktzahlungen im Rahmen der Agrarförderung incl. der gekoppelten Maßnahmen im Tierbereich, sowie die Förderung für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raumes wie z. B. Zahlungen für Umwelt-, Klima- und andere Bewirtschaftungsverpflichtungen inkl. Zahlungen für den ökologischen/biologischen Landbau, die Ausgleichszulage oder Zahlungen im Rahmen von Natura 2000 und oder der Wasserrahmenrichtlinie.

Wie hoch können die Sanktionen sein?

Verstöße können zu den schon bisher bekannten Sanktionen führen:

Je nach Schwere und Häufigkeit,

  • beginnend mit 1 % bis 3 % Kürzung der Förderung,
  • über 10 % bei z. B. einer direkten Gefährdung der öffentlichen Gesundheit
  • mindestens 15 % bei Vorsatz bis hin
  • zum Extremfall der Totalablehnung (nur im Wiederholungsfall),

kann die Zahlstelle die Sanktion festsetzen.

Die Regeleinstufung eines begangenen Verstoßes im Arbeitsrecht ist „leicht“; damit würde eine Sanktion von 1 – 3 % folgen.

Weitere Informationen

SVLFG:
SVLFG-Selbstcheck

Zur Konditionalität in Niedersachsen/Hamburg/Bremen:
Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

In Nordrhein-Westfalen:
LWK Nordrhein-Westfalen

In Schleswig-Holstein:
schleswig-holstein.de - EU-Direktzahlungen - Konditionalität (ehemals Cross Compliance) und soziale Konditionalität

Autor: Hartmut Lüdeke

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